Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Mitglieder und Freunde der Kölnischen Gesellschaft,
es gilt, Alarm zu schlagen!
Schon seit einigen Jahren erleben Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremismus eine Renaissance in Europa und führen zu kaum vermuteten Wahlerfolgen populistischer und extrem rechter Parteien. In diesem chauvinistischen Fahrwasser schwimmt auch die AfD, die bei Ihrem Kölner Parteitag deutlich zeigte, dass völkische Floskeln weiter benutzt werden und nationalistische Politik mit allen Mitteln umgesetzt werden soll. Geradezu der Hohn, wenn nicht gar menschenverachtend ist es, wenn Petry, nachdem sie den Neonazi und Antisemiten Höcke unterstützt hatte, als sie ihn für ihre innerparteilichen Machtspielchen brauchte, sich nunmehr schützend vor die Juden stellen will. Und auch die neue Mit-Vorsitzende (der neue Liebling der Medien, wenn auch manchmal mit gespreiztem Finger) lässt keinen Zweifel an ihrer ausländerfeindlichen und rassistischen Haltung:
sie erntete Beifallsstürme mit dem Satz, dass „die Türken, die in Deutschland Erdogan gewählt hätten, in die Türkei gehen sollten“. Zudem unterstützt sie offen den Neonazi Höcke.
Mut machen an dieser Stelle die vielen zehntausend Demonstranten, die gegen den AfD-Parteitag in Köln protestierten und somit ein beeindruckendes Signal für eine plurale und offene Stadtgesellschaft setzten. Selbstverständlich war unsere Gesellschaft von Anfang an Mitveranstalter. Bei den bevorstehenden Wahlen in NRW und im Bund müssen die Menschen gegen den rechtsradikalen Trend ein deutliches Signal setzen. Gehen Sie also bitte alle zur Wahl und rufen Sie auch Ihre Freunde auf, es zu tun!
Das Thema Antisemitismus ist also weiterhin von großer Relevanz. In der letzten Woche präsentierte der Unabhängige Expertenkreis Antisemitismus, der im Jahr 2014 vom Deutschen Bunde-
stag eingesetzt wurde, seinen Bericht. Dort wird die Entwicklung des Antisemitismus in Deutschland in seiner ganzen Bandbreite dargestellt. Insbesondere der israelbezogene Antisemitismus treibt in Deutschland besondere Blüten. Insgesamt konnten im letzten Jahr 644 antisemitische Straftaten in Deutschland verzeichnet werden, wobei die Dunkelziffer wohl deutlich höher ist. Die Studie sieht mittlerweile einen etablierten Alltagsantisemitismus, der in allen Teilen der Gesellschaft vorzufinden sei – nicht nur bei den unteren sozialen Schichten und in muslimischen Kreisen, sondern bis in die Mitte der Gesellschaft.
Die vorgelegte Expertise muss nun dringend für die Auseinandersetzung und Bekämpfung des Antisemitismus dienen und darf keineswegs wie der erste Bericht in den Schubladen der Ministerien verstauben. Eine zielgenaue Koordination der Strategien zur Aufarbeitung des Antisemitismus auf unterschiedlichen Ebenen ist notwendig, die endlich eine systematische Bekämpfung möglich machen. Wichtiger Aspekt des zweiten Berichts ist die Einbeziehung der jüdischen Perspektive und deren Erfahrungen mit antisemitischer Gewalt, die sich nicht nur durch Sprache und verbale Übergriffe zum Ausdruck kommt, sondern auch die gesellschaftliche Situation widerspiegelt. Es ist ein dramatischer Verfall demokratischer Werte zu konstatieren, wenn Juden nicht mehr offen ihre Religion ausüben können, wie dies im Bericht geschildert wird.
Für uns bedeutet dies, dass wir noch intensiver als in den vergangen Jahren eine politische Bildungsarbeit an Schulen, Universitäten und Jugendeinrichtungen ausbauen müssen, die nicht nur
außerschulische Methoden zu Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus anbietet, sondern den Wert demokratischer Errungenschaften thematisiert. Unsere Angebote der politischen Bildungsarbeit richten sich an Schüler und an Multiplikatoren, die in der schulischen und außerschulischen politischen Bildungsarbeit tätig sind und Anregungen für die Praxis geben.
Gerne können Interessenten sich bei uns melden.
Unsere ab Ende Mai vollkommen neue Homepage wird einen guten Überblick über unsere Aktivitäten und die Themenvielfalt bieten. Bitte schauen Sie einmal herein!
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Jürgen Wilhelm (Vorsitzender)
Dr. Marcus Meier (Geschäftsführer)
Gesamter Rundbrief als PDF-Download.