Newsletter April 2021

Der aktuelle Newsletter für den April ist soeben erschienen. Dieses Mal finden Sie wieder zahlreiche Veranstaltungeshinweise von uns und unseren Kooperationspartner:innen. Außerdem haben wir einige spannende Podcasts und Doku-Empfehlungen für Sie zusammengestellt.

Hier können Sie den Newsletter im Browser lesen und hier als PDF-Dabei herunterladen.

 

Hier finden Sie das Anschreiben:

Liebe Mitglieder und Interessierte,

es ist eine Krux mit der Vergangenheit. Ständig werden Stimmen laut, es genüge nun langsam mal, sich mit dem Nationalsozialismus auseinanderzusetzen. „Unsere“ Kinder würden in der Schule ständig damit konfrontiert, dabei hätten „wir“ uns doch ausführlich damit beschäftigt und – im Gegensatz zu vielen anderen – aus „unseren“ Fehlern der Vergangenheit gelernt. Und dann geht es im öffentlich-rechtlichen Fernsehen am Freitagabend um 23 Uhr um aktuelle Bücher und was sie uns sagen wollen. Die Handlung des einen spielt in der Schweiz und der Erzähler ist froh, dort zu sein, statt in Deutschland, wo „das Blut der toten Juden in jeder Gasse klebt“. So zitiert der Schriftsteller Marko Martin in der Sendung „Das literarische Quartett“ aus dem neuen Roman von Christian Kracht. Das wäre eine „prätentiöse Unverschämtheit“, ist die Meinung Martins, denn „es gibt kein Blut in deutschen Gassen“. Schließlich wären die europäischen Jüdinnen und Juden „in Teilen Osteuropas ermordet worden und in Rauch aufgegangen“. Er fährt damit fort, dass es ihn wundere, dass in Deutschland als dem Land der „Erinnerungsweltmeister“, in dem die Todesfuge von Paul Celan „mit Inbrunst zelebriert werde“ um einen „Distinktionsgewinn“ zu erreichen, so etwas durchgehe.

Nun mag man Martin nachsehen, dass er offensichtlich nicht weiß, wie Paul Celan und sein Gedicht in der Gruppe 47 aufgenommen wurde und er mag auch recht damit haben, dass manche Autoren einen fragwürdigen literarischen Umgang mit dem Nationalsozialismus und der Shoa pflegen. Dass aber in einer Runde von Menschen, die sich selbst als Intellektuelle verstehen und sich in der entsprechenden Attitüde durchaus gefallen, niemand die Stimme erhebt, um den geschichtsrevisionistischen und schuldabwehrenden Ausführungen Martins zu widersprechen, ist geradezu schockierend, leider jedoch bezeichnend für die Debatten um Erinnerung, Schuld und Verantwortung in Deutschland. Trotz aller Bekenntnisse unserer Spitzenpolitiker zur Notwendigkeit des Erinnerns als Mahnung für die Zukunft, trotz tausendfacher Bekenntnisse zu einem offensiven Umgang insbesondere in den öffentlich-rechtlichen Medien, häufen sich in der letzten Zeit derartige fatale gesellschaftspolitische Fehlschläge. Dass die sogenannte Aufarbeitung der Vergangenheit in weiten Teilen gescheitert ist, sieht man nämlich nicht nur auf der Straße bei den zahlreichen Demonstrationen der „Querdenken“-Bewegung mit ihrem furchtbaren, offen zur Schau getragenen schuld- und erinnerungsabwehrenden Antisemitismus, sondern auch in der vermeintlich „gehobenen“ Gesellschaft der literarischen Salons.

Unsere Kölnische Gesellschaft möchte jedenfalls weiterhin einen Beitrag dazu leisten, die Erinnerung an die Verbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus aufrecht zu erhalten und dabei auch den ein oder anderen Aspekt beleuchten, der vielleicht zu wenig Aufmerksam erhält.

So spricht am morgigen Dienstag, den 27. April Dr. Daniel Burghardt über die Aktualität von Adornos Vortrag Erziehung nach Auschwitz, in dem er die Forderung aufstellte, Erziehung so einzurichten, dass „Auschwitz nicht noch einmal sei“. Diese Veranstaltung ist Teil der Reihe Lange Schatten? Erziehung im und nach dem Nationalsozialismus, die am 11. Mai mit einem Vortrag von Prof. Meike Sophia Baader über Erziehungsdiskurse in der Neuen Rechten fortgesetzt wird. Einen Blick auf das jüdische Leben im spätmittelalterlichen Köln wirft Dr. Carl Dietmar am 29. April. Näheres zu den Veranstaltungen finden Sie auf den nächsten Seiten.

Weiterhin möchten wir Sie darauf hinweisen, dass die üblicherweise im Juni abgehaltene Mitgliederversammlung in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie auf den 16. August verlegt wurde. Wir hoffen, dass das Infektionsgeschehen bis dahin soweit abgeklungen ist, dass wir Sie vor Ort begrüßen dürfen. Bitte bleiben Sie gesund!

Mit freundlichen Grüßen,

Prof. Dr. Jürgen Wilhelm (Vorsitzender)    &    Dr. Marcus Meier (Geschäftsführer)