Newsletter Februar 2022

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Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Mitglieder der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit,

am 19. Februar jährt sich zum zweiten Mal der Anschlag von Hanau, bei dem der Täter neun Menschen aus rassistischen Motiven ermordete. Seine Taten verübte er vor bzw. in einer Shisha-Bar, einer weiteren Bar und einem Kiosk. Im Anschluss tötete er seine Mutter und schließlich sich selbst. Während der Anschlag selbst in der Öffentlichkeit große Aufmerk­sam­keit erfuhr, blieben mutmaßlich davon inspirierte Taten in den Folgetagen weitgehend unbeach­tet, so etwa eine Brandstiftung im sächsischen Döbeln nahe einer Shisha-Bar und eines Imbisses, die Schüsse auf eine Shisha-Bar in Stuttgart sowie die Schüsse auf ein Haus in Heilbronn, als der General­sekre­tär einer Moscheegemeinde es besuchte. Wieder einmal war deutlich geworden, wie groß die Gefahr ist, die vom gewaltbereiten Rechtsextremismus aus­geht.

Das rechtsextreme Motiv jedoch wurde in der öffentlichen Diskussion nach dem Hanauer Anschlag in Hinblick auf eine psychi­sche Erkrankung des Täters immer wieder relativiert. Dass der Täter tatsächlich unter einer para­noiden Schizophrenie litt, galt einigen als Beleg für eine vermeintlich unpolitische Tat. Dabei hatte der Täter in einem eigens verfassten Manifest seine vor allem rassistischen, teils auch frauenfeindlichen Einstellungen deutlich kundgetan. Zudem übersieht eine solche Argumentation die strukturelle Ähnlichkeit zwischen wahnhaften psychi­schen Erkrankungen und rassistischen wie antisemitischen Verschwörungstheorien, die ebenfalls nur zum Preis des Realitätsverlustes aufrechterhalten werden können.

Viele Fragen hat das Verhalten der Polizei aufgeworfen, das auch Thema eines entsprechenden Untersuchungsausschusses des Hessischen Landtags ist. Obwohl der Täter bereits vor der Tat durch paranoide Schreiben an die Staatsanwaltschaft und eine eigene rassistische Homepage auf­gefallen war, besaß er eine Waffe und wurde nicht beobachtet. In der Tatnacht selbst drangen mehrere Anrufer nicht zur Notrufzentrale der Polizei durch, deren Apparate nicht durchgängig besetzt waren, während auch eine Rufumleitung zu einer Leitstelle fehlte. In der Folge erreichten sowohl die Einsatzkräfte der Polizei als auch die medizinischen Kräfte den Tatort nur stark verzögert, was mutmaßlich zusätzliche Todesopfer kostete. Die Initiative 19. Februar Hanau, in der sich unter anderem Betroffene und Angehörige der Mordopfer zusammengeschlossen haben, spricht daher von einer „Kette behördlichen Versagens“. Wie darüber hinaus bekannt wurde, waren in der Tatnacht zudem 13 SEK-Mitglieder im Einsatz, deren Einheit im Folgejahr wegen rechtsextremer Chatnachrichten aufgelöst wurde.

Erneut wird, wie schon bei den zahlreichen Skandalen im Zusammenhang mit den NSU-Morden, deutlich, dass es in der Auseinandersetzung mit rassistischen Anschlägen auch einer Beschäftigung mit entsprechenden Einstellungen innerhalb der Gesamtbevölkerung wie der Polizeibehörden bedarf, zumal von letzteren im konkreten Fall das Leben vieler Menschen abhängen kann. Den Angehörigen der Opfer des Hanauer Anschlags drücken wir erneut unsere Anteilnahme aus. Wir unterstützen ihre Bemühungen um bzw. Forderung nach Aufklärung.

Wir bemühen uns als Kölnische Gesellschaft weiter darum, unsere erfolgreichen Workshops zur Sensibilisierung gegen Antisemitismus und Rassismus auch bei der Polizei durchzuführen.

Unsere Bemühungen für eine demokratische Gesellschaft verstärken wir auch angesichts der beschriebenen Ereignisse und setzen dabei weiterhin auf Ihre wertvolle Unterstützung.