Newsletter Januar 2021

Soeben wurde unser erster Newsletter für dieses Jahr verschickt. Darin finden sich Informationen zu kommenden Veranstaltungen, Literatur-, Film und Podcastempfehlungen sowie einige wichtige Meldungen aus den vergangenen Wochen.

Hier können Sie den Newsletter online lesen oder hier als PDF herunterladen.

 

Hier können Sie das Anschreiben lesen:

Liebe Mitglieder, Unterstützer*innen und Interessierte,

wir leben in bewegten Zeiten und müssen die gesellschaftspolitischen Entwicklungen, sowohl in Deutschland als auch international, aufmerksam im Blick behalten. So hat zum Beispiel die Stürmung des Kapitols in Washington gezeigt, wie – im Wortsinne – angreifbar die Demokratie ist. Dabei trugen viele, die Teil des von Donald Trump angeheizten Mobs waren, rassistische, antisemitische und rechtsextreme Symbole. Auch in Deutschland belagerten schon vor den Ereignissen in Washington zahlreiche Radikale den Reichstag, wobei sich viele Teilnehmer der extremen Rechten oder anderen, teils offenen verschwörungsideologischen Milieus, zurechnen ließen, etwa der Q-Anon-Bewegung, die in den USA ebenfalls stark ist und dort ihren Ursprung hat. Da es den Medien systemimmanent ist, dass sie über solche Ausbrüche extensiv berichten, können die Radikalen auf allergrößte, weltweite Aufmerksamkeit setzen, und sie tun dies auch völlig rational und damit erfolgreich in ihrem Sinne, wohingegen die Menge der Aufgestachelten mit Emotionen und brutaler Gewalt sich instrumentalisieren lässt. „Nützliche Idioten“ nannten das die Kommunisten in stalinistischen Zeiten. Weshalb ist dies für unsere Arbeit von Bedeutung?
Weil diese „Bewegung“ immer wieder Juden benennt, wie George Soros oder die Bankerfamilie Rothschild, und sie bedient sogar antisemitische Ritualmordlegenden, die ihren Ursprung im Mittelalter haben, aber dennoch über die sog. sozialen Medien hunderttausendfach geteilt werden.
In Deutschland wurden die QAnon-Behauptungen anfangs vornehmlich von Rechtsradikalen und Protagonisten der Reichsbürgerszene geteilt. Im Zuge der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen wurden sie auch dort populär. Die bekanntesten Verbreiter entsprechender Lügen und Hirngespinste sind der Sänger Xavier Naidoo und der Kochbuch-Autor Attila Hildmann. So sprach Naidoo beispielsweise von Kindern, die massenhaft gefangen gehalten worden seien. Der Initiator der “Querdenken”-Demonstration, Friedemann Mack, nutzte den Slogan “Where we go one, we go all” auf der Bühne. Man könnte im Grunde diesen hanebüchenen Unsinn übergehen, wenn er nicht so erschreckend erfolgreich und politisch so gefährlich wäre. Insgesamt gibt in den letzten Jahren gut dokumentierte Hinweise, dass wir es mit einer gefährlichen global vernetzten extremen Rechten zu tun haben, die äußerst militant ist und bereits viele Dutzend Morde begangen hat. In manchen Bereichen des Internets werden Gewalttaten offen angekündigt und Täter offen gefeiert. Christchurch, El Paso, Halle oder Hanau sind die Orte, an denen rechtsextrem motivierte Terroristen viele Menschen ermordeten und sich vorab im Netz mit dem ideologischen und konzeptionellen Rüstzeug ausstatteten. Es ist ein Skandal, wie wenig „Hatespeech“ in den sozialen Medien einer normalen juristischen Verfolgung ausgesetzt ist, wie sie in der analogen Welt üblich ist. Dabei gibt es sehr wohl schon strukturell weitreichende Vorschläge, wie vorgegangen werden und was auch die Bildungsarbeit hierzu leisten müsste. Es mangelt also wieder einmal nicht an Vorschlägen und Ideen, sondern an der politischen Umsetzung. Empörungsrituale nach Anschlägen und Morden von Politikern genügen nicht. Es muss gehandelt werden! Deshalb mahnt uns der anstehende Holocaustgedenktag, solche Entwicklungen nicht nur aufmerksam zu verfolgen, sondern ihnen öffentlich und entschieden entgegenzutreten.

Im Anhang finden Sie einige Buchempfehlungen, die dieses Thema behandeln und Strategien der demokratischen Intervention aufzeigen.

Weiterhin beschäftigten uns in den letzten Wochen und Monaten Debatten zum Umgang mit dem Thema des israelbezogenen Antisemitismus und die Darstellung Israels im Kontext des Nahostkonfliktes. Nachdem im Mai 2019 der Deutsche Bundestag beschlossen hatte, für Kampagnen und Veranstaltungen der antisemitischen BDS-Bewegung (Boycott, Divestment, Sanctions) keine öffentlichen Gelder mehr bereitzustellen, veröffentlichte Mitte Dezember 2020 die Initiative „GG 5.3 Weltoffenheit“ in Form eines offenen Briefes eine Kritik an diesem Bundestagsbeschluss, einigen Entscheidungen in dessen Kontext und sah sogar „die freie Meinungsäußerung bedroht“. Dem folgte wenig später ein zweiter offener Brief mit der gleichen inhaltlichen Ausrichtung. Beide Briefe wurden von zahlreichen Prominenten aus Kultur und Wissenschaft unterzeichnet. Wir haben uns im Rahmen einer ausführlichen Stellungnahme, die Sie im Anhang dieses Newsletters finden, gemeinsam mit Kooperationspartnern kritisch mit beiden offenen Briefen auseinandergesetzt.

Zwar sind wir durch die gegenwärtige Corona-Pandemie in unserem Wirkungsmöglichkeiten eingeschränkt, aber wir versuchen weiterhin unserer Aufgabe, wie zum Beispiel mit dem oben genannten Statement, der inhaltlichen Intervention in gesellschaftspolitisch relevanten Debatten nachzukommen. Wir bieten außerdem weiterhin unsere Veranstaltungen in digitaler Form an, etwa unsere Veranstaltung mit Prof. Werner Eck als Auftakt unserer historischen Veranstaltungsreihe anlässlich des Gedenkjahrs „1700 Jahre jüdisches Leben in Köln und in Deutschland“.

Sehr zu empfehlen ist in diesem Zusammenhang die gemeinsame Homepage der Katholischen und Evangelischen Kirche, auf der Sie über zahlreiche Veranstaltungen und Events im Rahmen des Jubiläumsjahres informiert werden: www.321.koeln

Die in der Kölner AntoniterCityKirche traditionell organisierte Veranstaltung zum Holocaustgedenktag muss leider ausfallen, jedoch verweisen wir in diesem Newsletter auf mehrere digitale Veranstaltungen.

Mit freundlichen Grüßen,

Prof. Dr. Jürgen Wilhelm (Vorsitzender) & Dr. Marcus Meier (Geschäftsführer)