Köln, 20.06.2020
Prof. Dr. Jürgen Wilhelm gratuliert dem Ehrenvorsitzenden Hilmar Ankerstein
Lieber Hilmar,
seit 1985 arbeiten wir im Vorstand der Kölnischen Gesellschaft zusammen. Das ist ja schon fast ein halbes Leben!
Als damaliger Vorsitzender warst auf meine Initiativen im Landschaftsverband Rheinland zur Aufarbeitung der Nazi-Psychiatrie in unseren Kliniken aufmerksam geworden und hattest mich eingeladen, im Vorstand mitzuarbeiten. Wir beim LVR haben die Misshandlungen und die systematische Ermordung von Hilfsbedürftigen und kranken Menschen durch die staatlichen Ärzte, Pfleger und Verwaltungen erst sehr spät aufgearbeitet. In der Nachkriegszeit wurden teilweise für Jahrzehnte dieselben Menschen weiterbeschäftigt und so gut wie niemand wurde zur Rechenschaft gezogen.
Du teiltest meine politische und moralische Empörung über dieses Wegsehen und Vertuschen von Anfang an. Heute liegen aufgrund umfangreicher wissenschaftlicher Forschungen vielfältige Ergebnisse vor, die uns immer wieder mit Erschrecken und Abscheu vor Augen führen, wie menschenverachtend sämtliche ideologischen Vorstellungen der Nazis und in der Durchführung grausam konsequent sie mit all‘ ihrer vielen hunderttausend willfährigen Helfer und Täter waren.
In der Anfangszeit im Vorstand beschäftigten wir uns neben dem christlich-jüdischen Dialog vor allem mit Anfeindungen der Sinti und Roma, die damals regelmäßig nach Köln kamen und auch die ersten Anfeindungen gegenüber muslimischen, zu jener Zeit zumeist türkischen, Bürgern waren unser Thema.
In Deiner stets stringenten gesellschaftspolitischen Haltung, intellektuell klaren Analyse, aber auch immer humorvollen Art, sich auch der schwierigsten Probleme anzunehmen, habe ich Dich wirklich bewundert.
Als Vorsitzender des von Dir mitgegründeten „Runden Tisches für Ausländerfreundlichkeit“ hast Du Wegweisendes für die Verständigung der Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religionen und Überzeugungen in Köln und im Rheinland geleistet. Den latenten Antisemitismus hast Du stets als das bezeichnet, was er ist: eine abstoßend dumme, aber gefährliche Haltung, die unterschwellig immer darauf lauert, von Rechtspopulisten und anderen zur Erzeugung von Hass und Zwietracht in unsere demokratische Gesellschaft eingespeist zu werden.
Das Verhältnis zur Synagogengemeinde hast Du in gutem Geist gepflegt und dadurch manche Freundschaft geschaffen.
Ich gratuliere dem Ehrenvorsitzenden unserer Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit von Herzen zum 90. Geburtstag und wünsche viele weitere Jahre in Gesundheit und geistiger Frische im Kreise Deiner – wie wir wissen – außergewöhnlich vielen Kindern und Enkelkinder.
Dein
Jürgen Wilhelm